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In einer Zeit, in der traditionelle Berufe immer seltener werden, wacht Alexandre Schmid mit seinem Team mit sechs Ersatzwächtern und einer Ersatzwächterin über die Stadt Lausanne. Sie zählen zu den letzten Nachtwächtern Europas. 365 Nächte im Jahr bleiben sie ihrem Posten treu und lassen ihre Silhouette von 22 Uhr abends bis 2 Uhr morgens über der Stadt schweben. Alexandre hat seine Funktion seit dem 1. Januar 2024 inne und ist viel mehr als ein herkömmlicher Nachtwächter: Der leidenschaftliche Historiker liebt seine Stadt ebenso wie friedliche Ruhe. Aber wer ist dieser geheimnisvolle Turmwächter, der seinen Blick vom Glockenturm der Kathedrale aus über die Dächer von Lausanne schweifen lässt?
Werdegang zwischen Geschichte und Zufall
Wer Alexandre fragt, wie er dazu gekommen sei, Hauptturmwächter zu werden, erhält eine überraschende Antwort, denn er war nie Ersatzwächter! Eher per Zufall stiess er auf die Stellenanzeige. Wohl trieb ihn seine Leidenschaft zur Bewerbung an, aber er traf Renato Häusler, seinen Vorgänger, vor allem aus Neugier. „Es braucht keine besondere Begabung für diesen Beruf, nur viel Liebe zur Stadt Lausanne“, scherzt Alexandre.
Der 32-Jährige wuchs zwischen Lausanne und Yverdon auf, mit einem Fuss auf dem Land und dem anderen in der Stadt. Nach seinem Bachelorabschluss in Geschichte beschloss er, sich definitiv in Lausanne niederzulassen. Aber erst nach einem Aufenthalt in Deutschland wurde ihm so richtig bewusst, wie sehr ihm die Stadt ans Herz gewachsen war. „Erst als ich wieder in Lausanne war, wusste ich, dass ich wirklich hierhergehöre. Es gibt hier unglaublich viel zu entdecken. Kein Tag vergeht, ohne dass ich nicht eine neue Strasse oder einen neuen Weg entdecke. Meine Liebe zur Stadt wird mit jedem Tag noch ein bisschen grösser“, erklärt er.
Uraltes Ritual der nächtlichen Runde
An fünf Nächten pro Woche steigt Alexandre die 153 Stufen der Kathedrale bis zum Glockenturm hinauf. Von dort oben liegt einem Lausanne zu Füssen, so weit das Auge reicht. Die Aussicht ist schlicht atemberaubend. Von 22 Uhr bis 2 Uhr vergewissert er sich zu jeder vollen Stunde, dass alles in Ordnung ist, und ruft: „Hört den Turmwächter, es hat zehn geschlagen!“ Für die perfekte Ausübung dieser Tätigkeit erhielt er ein besonderes Training von Renato Häusler. „Um den Ruf zu beherrschen, braucht es etwas Übung, aber man gewöhnt sich daran“, sagt er mit einem geheimnisvollen Lächeln auf den Lippen.
Auf die Frage, ob er seine nächtlichen Runden protokolliert, meint er schmunzelnd: „Nein, es gibt weder ein Register noch ein Protokoll, nur absolute Pünktlichkeit! Aber mit der Einsatzplanung des siebenköpfigen Teams habe ich auch eine kleine organisatorische Aufgabe“, fügt er hinzu. Sogar zum absoluten Traumberuf in Lausanne gehört etwas Büroarbeit.
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Nächtliche Geheimnisse und Anekdoten
Hin und wieder wird der Glockenturm nachts zum Schauplatz drolliger Ereignisse. Sichtlich amüsiert, aber auch etwas besorgt, erzählt Alexandre: „Es versuchten schon Leute, über das Gerüst bis zuoberst auf die Kathedrale zu klettern. Aber das ist gefährlich!“ Ein sicherer Weg, um den Turmwächter zu treffen, ist ein offizieller Besuch auf Anmeldung. Im Sommer werden solche Abende übrigens gern von den Einheimischen genutzt, um Freunden, die in Lausanne zu Gast sind, ihre Stadt zu zeigen.
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Hüter von Geheimnissen und Beobachter der Geschichte
Über seine Rolle als Turmwächter hinaus sieht sich Alexandre als Botschafter der Lausanner Geschichte. Von seiner Neugier getrieben, erkundete er die Geschichte der Turmwächter und entdeckte eine Welt, von der er vor dem Antreten seines Postens keine Ahnung hatte. „Die Tradition des Turmwächters fasziniert viele Menschen, sogar meine Freunde! Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit dieser Tätigkeit auf so viel Begeisterung stossen würde“, sagte er.
Die Jungen scheinen die seltsame und liebenswerte Gestalt, die einfach so allein dasteht und die schlafenden Strassen absucht, neu zu entdecken. Für Alexandre muss diese mysteriöse Tradition unbedingt bewahrt werden: „Der Turmwächter ist eine stille Präsenz, eine Figur, die ein wenig aus der Zeit gefallen ist. Und das soll sich nicht ändern.“
![[Lausanne] Le Guet - A. Schmid par V. Mivelaz - 28.10.2024 [Lausanne] Le Guet - A. Schmid par V. Mivelaz - 28.10.2024](https://www.lausanne-tourisme.ch/app/uploads/2024/11/Lausanne-Le-Guet-A.-Schmid-par-V.-Mivelaz-28.10.2024-15petite.jpg)
![[Lausanne] Le Guet - A. Schmid par V. Mivelaz - 28.10.2024 [Lausanne] Le Guet - A. Schmid par V. Mivelaz - 28.10.2024](https://www.lausanne-tourisme.ch/app/uploads/2024/11/Lausanne-Le-Guet-A.-Schmid-par-V.-Mivelaz-28.10.2024-15petite-513x768.jpg)
Traumhafte Sonnenwende
Zu den Lieblingsmomenten von Alexandre zählen die Nächte um den 21. Juni, wenn die Sonne später untergeht und die Stadt in ein goldenes Licht hüllt. „Von der oberen Etage des Glockenturms aus hat man einen magischen Blick auf die Stadt und den Genfersee“, sagt er mit leuchtenden Augen.
Dann kann die Stadt Lausanne unter dem wohlwollenden Auge ihres Turmwächters friedlich ruhen. Denn oben auf der Kathedrale wacht Alexandre Schmid, der seine Stadt liebt und seine ebenso einzigartige wie bewundernswerte Aufgabe mit Humor und Leidenschaft wahrnimmt.
Praktische Informationen für den Besuch des Turmwächters
Neugierige können den Glockenturm besichtigen und Alexandre oder einen der Ersatzwächter treffen. Der Glockenturm ist nach vorheriger Anmeldung jeden Abend ab 22 Uhr zugänglich. Im Sommer und über Weihnachten ist dieses einzigartige Erlebnis in schwindelnder Höhe besonders beliebt. Es empfiehlt sich also, frühzeitig zu buchen, um dieses Lausanner Highlight nicht zu verpassen.